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Frühherbst 1911: Theater in der Kneipe

Friedel Sahling erzählt, wie Fleestedt zu Turnverein und Sportplatz kam.
Lehrer Hermann Fabel hatte im Frühherbst 1911 mit einigen Leuten aus Fleestedt über die Gründung eines Sportvereins gesprochen und war auf Zustimmung gestoßen. Er hatte auch Konfirmanden, die Ostern kommenden Jahres die Schule verlassen würden informiert, und sie aufgefordert, Freunde von dem Plan zu unterrichten. Die "Harburger Anzeigen und Nachrichten" (HAN) brachten im Lokalteil eine Notiz, daß in Fleestedt ein Turnverein gegründet werden sollte. Als Termin wurde der 12. November 1911 genannt. Ca. 60 Personen (genaue Zahlen liegen nicht vor) trafen sich bei Gastwirt Bostelmann. Ein Vorstand wurde gewählt. Hermann Fabel wurde 1. Vorsitzender, Ludwig Böttcher, der vorher in einem anderen Verein aktiv war, wurde zum 1. Turnwart. Das Eintrittsgeld wurde mit 2 Mark festgesetzt, die Höhe des Monatsbeitrages ist mir nicht bekannt. Da zum Sport auch Geräte notwendig sind, wurde beschlossen: Es werden Pferd, Spannreck, zwei Matten, Holzkeulen für die Damen und kleine Eisenhanteln für die Freiübungen der Männer bestellt. Fabel wollte sich bei anderen Vereinen erkundigen, welche Firma zu günstigsten Bedingungen liefern konnte. Da jedoch bei Lieferung bezahlt werden mußte, der Verein jedoch kein Geld hatte, erklärte sich Fabel bereit, sein Sparbuch zu plündern. Nach und nach, je nach Kassenlage, sollte der Verein die 500 Mark dann an Fabel zurückzahlen.

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Als die Geräte geliefert waren konnte jedoch nicht sofort mit dem Turnen begonnen werden, obwohl Gastwirt Bostelmann (Willi, Willy, Willie - ihm war es egal, richtig ist Wilhelm) seinen Tanzsaal ohne Wenn und Aber zur Verfügung gestellt hatte. Ihm war klar, daß ein neuer Verein in Fleestedt seinem Geschäft nicht abträglich sein würde. So war er auch damit einverstanden, daß der Fußboden in der Mitte des Saales aufgebrochen wurde. Wörtlich schreibt Friedel Sahling: "Es wurden lange Balken verlegt, darauf viereckige Eisenplatten zum Einhängen der Ketten. Spannschrauben und zwei Eisenplatten sorgten für einen festen Stand der Reckstangen. Die Eisenplatten mussten so gesetzt werden, daß sie gleiche Höhe wie der Saalboden hatten. Schließlich sollte im Saal weiter getanzt werden."

Jetzt endlich konnte mit dem Turnen begonnen werden. Ein Turnlehrer aus Harburg wurde verpflichtet, um den Übungsbetrieb zu leiten. Im November 1913 feierte der Turnverein sein 1. Stiftungsfest. Im Frühjahr 1914 wurde eine Knabenabteilung gegründet. Friedel Sahling war dabei. Doch schon ab August 1914, als der 1. Weltkrieg ausgebrochen war, wurde der Turnbetrieb eingestellt. Auch Hermann Fabel mußte die Uniform anziehen. Er wurde dem Endsturm-Bataillon in Lüneburg zugeteilt.

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Der Landkreis hatte Saal und Veranda des Gasthauses beschlagnahmt. Die Bauern aus Fleestedt und Umgebung mussten ihr Getreide bei Bostelmann abliefern. Von dort holten die Harburger Großmühlen Roggen, Weizen und auch Hafer für Grütze und Haferflocken ab. Hafer, vor allem aber Gerste, wurde von den Harburger Pionieren und den Wandsbeker Husaren abgeholt. Nach Kriegsende 1918 holten die Harburger Großmühlen das restliche Getreide ab und der Saal bei Bostelmann war wieder frei. Im Frühjahr 1919 wurde zur Generalversammlung des Turnvereins Fleestedt eingeladen. Hermann Fabel wurde zum l. Vorsitzenden wiedergewählt. Otto Menge, Leiter der Bahnmeisterei Hittfeld, wurde 2. Vorsitzender, Karl Bauermann 1. Turnwart. Der Turnwart sah sich die Geräte an, die vier Jahre lang brach gelegen hatten. Die Eisenteile waren verrostet, alles mußte überholt werden. Der Kassenwart sprach von fehlendem Geld. Denn während des Krieges waren, weil das Turnen ausfiel, keine Beiträge kassiert worden. Um Geld in die Kasse zu bekommen, aber auch, um endlich seinen Vorschuß zurück zu bekommen, schlug Fabel vor, ein Theaterstück einzuüben. Ein Kollege von ihm, Lehrer Meyer aus Helmstorf hatte ein plattdeutsches Volksstück in vier Akten geschrieben.

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