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Fußball 1990: Abschied von Gisela und Wolfgang

Er gehörte zu den Spielern der ersten Stunde (dazu an anderer Stelle mehr), war nie ein Mann der lauten Worte, war Spieler, Trainer und Betreuer der Extraklasse. Und er war ein begnadeter Automechaniker. Aus Dutzenden von Autos seiner Spieler beseitigte er die Beulen, meistens für ein Dankeschön. Wolfgang und seine Gisela, die "Höpen-Hexe" hatten Sportler, Platz und Klubhaus fest im Griff. Die Gesundheit von Wolfgang machte ihm einen Strich durch die Pläne für die Zukunft. Darum zog er sich an die Elbe zurück. Seit der Zeit hat Gisela nie wieder das Klubhaus betreten. „Ich kann es einfach nicht, ich würde wahrscheinlich heulen", sagte sie mir bei einem Gespräch - fünf Jahre nach dem Abschied von Fleestedt. Und Wolfgang. „Mit der Gesundheit könnte es besser sein, aber auch viel schlechter." „Und was macht der Fußball?" „Na ja, mit Enkel Torben, der in der C-Jugend bei Elbdeich spielte, war ich erst als Besucher, dann aber auch als Trainer dabei. Aber jetzt hat Torben sich eine andere Sportart ausgesucht." „Also kein Fußball mehr?" „Also kein Trainer mehr."
Volker Knuth erzählte mir im Mai 1996: „Ich hab Wolfgang Röhl getroffen. Wir haben uns lange unterhalten. Es war beim Spiel einer D-Jugend-Mannschaft in Ashausen. Sein Enkel Nils spielt bei Elbdeich..."
Das Interesse am Fußball hat Wolfgang nie verloren, aber den Weg nach Fleestedt scheute er. Nie hat er darüber gesprochen, wer ihm wann was angetan hat. Er, der es im Leben nie leicht hatte, war ein sehr empfindsamer Mensch. Und sicher hat er auch darunter gelitten, dass die Zahl der Freunde immer kleiner wurde, und die Distanz zwischen Fleestedt und der Röhl-Wohnung an der Elbe im Zeitalter des Autos eigentlich leicht zu überbrücken war. Gisela Röhl dagegen, liebevoll von vielen "Höpen-Hexe" genannt, hatte nach wie vor ihren Freundeskreis in Fleestedt und war immer für ein Schwätzchen zu haben. Sie versorgte und betreute ihren Wolfgang, dessen Gesundheitszustand sich immer mehr verschlechterte und der viele Stunden im Rollstuhl verbringen mußte.
[Hier fehlt evt. Text]

Dabei war 1990 ein großes Jahr für den TuS, zumindest, was die Spiele der 1. Mannschaft anbelangt. "Aussichten für 1991: Glänzend! Ziel ist der Aufstieg. Er liegt greifbar nahe." so Sven Brettschneider, Chronist der "Ersten" in seinem Jahresbericht. Mannschaft und Trainer - Jürgen Marquardt - waren ein gutes Team geworden und der TuS konnte sich verstärken. Gernot Rohrs kam vom VfL Maschen, Frank Scherwat vom HTB. Vor allem aber kam Arndt Meyer von den St.Pauli-Amateuren zurück Das bedeutete für den in der Ausbildung stehenden Verzicht. Aber die Gemeinschaft in Fleestedt war ihm wichtiger als das Geld. Eine Haltung, die Anerkennung und Nachahmer verdient!
Vorteil war auch, daß Jürgen Marquardt eine Verletzung ausgeheilt hatte und auch als Spieler zur Verfügung stand. Die Mannschaft stand oben, punktete gegen die Großen, leistete sich aber Punktverluste gegen Mannschaften aus dem unteren Drittel der Tabelle...Die sind überheblich," tönte es dann aus der Lästerecke, wo die standen, die auch heute noch immer und alles besser wissen. Einer aber, der des öfteren in die Tasche griff, zeigte wieder einmal seine Verbundenheit mit den Fleestedter Fußballern: Heinz Riggers stiftete einen ganzen Satz Trainingsanzüge.
Staunen dann über die 2. Mannschaft. Es lief, doch es war nur Strohfeuer. Dann gab es neun Niederlagen hintereinander. Das war nicht nur Pech, es lag auch an der Einstellung Ganz anders die 3. Mannschaft. Sie holte den Titel, blieb in der Rückrunde angeschlagen. Die Alten Herren gaben sich mit einem Mittelplatz zufrieden, auf dem Spielfeld. Armin Schmidt schreibt in seinem Jahresbericht: "Am Mittwoch, beim Training, werden dann die Erfahrungen vom Wochenende diskutiert, nach dem Training, am Kartentisch, bei wildesten Skatpartien kommentiert. Um 23 Uhr, wenn im Klubhaus das Licht ausgeht, haben wir ein knapp verlorenes Spiel vom Wochenende gerade noch umgebogen und mit einem Tor Vorsprung gewonnen." Ausfahrten und Weihnachtsfeier gehörten selbstverständlich zum Programm der Alten Herren.
Blamiert hat sich die Senioren-Truppe Fleestedt/Hittfeld. Freiwillig schied man aus dem Spielbetrieb aus, weil sich bei den gestandenen Männern nicht ein einziger fand, der die Organisation in die Hand nehmen wollte.
Fußballer im Jugend-Bereich sind Mangelwaren, mussten nicht nur wir, sondern auch unsere Nachbarn Hittfeld und Ramelsloh feststellen. Es blieb nichts anderes übrig, als wieder zu Spielgemeinschaften zu kommen. Bei der A-, B- und C-Jugend taten sich die drei Nachbarn zusammen. Bei der D-, E- und F-Jugend stellte der TuS nach wie vor eigenen Mannschaften, Hier zeigte sich wieder einmal, daß es genügend Spieler gibt, wenn das Umfeld stimmt. Ein Wochenend-Ausflug nach Lauenburg mit übernachtung in der Jugendherberge sowie ein Besuch beim HSV-Spiel. Ex-Nationalspieler Dietmar Jacobs stellte sich mit den Jungs dem Fotografen. Und groß war der Jubel, als der HSV 3:1 gegen Leverkusen gewann. Mit den Fleestedtern auf der Haupttribüne! Als Lohn für die Herbstmeisterschaft gab es dann von "Putzbüddel" Heiner Heitmann neue Trikots und von Optiker Maizak Trainingsanzüge. Auch eine Freizeit-Fußball-Mannschaft hatte sich gefunden. Sie nannten sich "Piazza", weil sie von einem Gastronomen unterstützt wurden. Der FC Felix, erste Freizeit-Fußball-Mannschaft im TuS, ging sogar auf Reisen - zu Traktor Belgersheim. Die Sachsen (der Ort liegt bei Leipzig) waren einige Wochen zuvor Gast in Fleestedt.